Das Eiscafé "Attardos"

cf. "Seelandcentro - Elektronik Fischer"

Richard u. Marina (Kellner mitgeführt)


Tatsächlich hatten sie eine Weile zu laufen, bis sie beim Cafe ankamen, trotzdem kam es Richard so vor als hätte der Weg noch viel länger sein können. Das Gespräch mit Marina war kurzweilig, sie hatten viel zusammen gelacht und er fand diese warmherzige Frau, immer sympathischer. Galant hielt er ihr die Tür zum Attardos auf und ließ sie eintregen. Er nahm ihr die Jacke ab und rückte den Stuhl zurecht bevor er sich dann ihr gegenüber an den Tisch setzte, für den sie sich entschieden hatte.
Er sah sich um und war sehr angetan von der Atmosphäre, die das Cafe ausstrahlte.
"Darf ich sie, außer zu einem Kaffee noch zu etwas anderem einladen. Einen Eisbecher vielleicht oder doch lieber ein Stück Kuchen?" Beinahe hätte er überreden gesagt, doch er wollte diese Frau sicher zu nichts überreden, wollte alles als Geschenk annehmen, was sie bereit war ihm zu geben.
Eine Mann trat an den Tisch und fragte, was er ihnen bringen dürfe. Gespannt sah Richard Marina an und wartete darauf, wofür sie sich entschied, bevor er selbst einen Latte Machiatto bestellte.

cf. "Seelandcentro - Elektronik Fischer"

Richard u. Marina (Kellner mitgeführt)

Zunächst war es für Marina ganz ungewohnt, so charmant behandelt zu werden. Seit dem Tode ihres Mannes hatte sie sich nicht mehr mit einem Mann alleine getroffen oder verabredet, jedenfalls nicht über Geschäftliches hinaus. Ihre Verunsicherung darüber wich während des Spazierganges jedoch der Freude darüber, Jemanden an ihrer Seite zu haben. Es war einfach herrlich durch Seeland zu spazieren, in die Schaufenster zu sehen und das was man sah und dabei fühlte, mit Jemandem teilen zu können. Marina freute sich daran, dass es so leicht war, sich mit Richard von Renken zu unterhalten, und so waren sie gefühlt schneller im "Attordo", als ihr lieb war.
Das Attardos war nicht rappelvoll, aber doch gut besetzt, so dass Marina für sich und ihren charmanten Nachbarn einen Tisch für zwei Personen am Fenster aussuchte. Sie zog ihren Mantel aus, hing ihn an die Garderobe und genoss die Aufmerksamkeit, die ihr zu teil wurde, ohne, dass diese sich aufdrängte. Und da spricht man bei schlechtem Benehmen immer davon, sich wie ein Bauer oder Landwirt zu benehmen.. Innerlich schüttelte Marina den Kopf, denn dieses Vorurteil hatte Richard von Renken gerade sehr eindrucksvoll widerlegt.
"Oh, so eine charmante Einladung kann ich wohl kaum abschlagen, nicht wahr?" Marina lächelte und zwinkerte ihrem Begleiter humorvoll zu, während sie mit einem freundlichen Nicken den herankommenden Kellner begrüßte. Vom Sehen kannte sie diesen Stefan bereits ganz gut, denn sie war öfter mal hier. "Ich bekomme dann einen doppelten Espresso - und einen Tartufo?" Lange überlegen musste sie nicht, aber sie war sich nicht sicher, ob sie das Wort richtig ausgesprochen hatte. "Gerne - also fast wie immer. Was darf es für den Herrn sein?" Stefan notierte sich die Bestellung auf einem winzigen Zettel, denn dass Café war gut besucht und er hatte viel zu tun. Fragend, aber ohne den Eindruck von Eile zu erwecken, sah er Richard von Renken an.

Richard u. Marina (Kellner mitgeführt)

"Ich hätte gerne einen Latte Macchiato und dazu - hm... ein Tiramisu." Richard wartete, bis der Kellern gegangen war, bevor er seine ganze Aufmerksamkeit wieder Marina schenkte. "Mir scheint Sie sind öfter hier." Meinte er schmunzelnd, die Bemerkung des Kellners aufnehmend. "Das spricht auf jeden Fall für die Qualität des Cafes, denn ich schätze Sie schon so ein, dass Sie ein Cafe in dem es Ihnen nicht schmeckt nur einmal besuchen. Eine weitere Gemeinsamkeit, die uns verbindet." Er war wirklich ein Kavalier der alten Schule und nicht gerade ein Meister im Flirten. "Es tut gut, sich mal ein paar Stunden nur für sich zu gönnen, finden Sie nicht auch?"
Richard wollte nicht aufdringlich oder neugierig wirken, aber irgendwie war er aus der Übung, was ein Gespräch mit einer Frau betraf. Noch dazu mit einer so hübschen und netten.

Marina u. Richard (Kellner mitgeführt)

Marina lächelte und wartete, bis Stefan die Bestellung notiert hatte und den Tisch verließ. Es war kein Geheimnis, dass sie öfter hier war, aber wie wohl sie sich in Richard von Renkens Gesellschaft gerade fühlte, musste dieser noch nicht unbedingt bemerken, fand sie. "Oh ja- ich bin öfter hier." Mit ihrer schlanken Hand griff sich Marina die auf dem Tisch im Ständer stehende Eiskarte und stellte sie kurzerhand auf einen Nachbartisch. Sie brauchten diese wohl nicht mehr und die Tische waren so klein, dass sie den Platz, den sie dadurch gewannen, sehr wohl gebrauchen konnten. "Ich gönne mir ein paar Stunden für mich viel zu selten, obwohl mir das wohl gut täte." Seufzend zog Marina eine leichte Schippe. "Es ist schwierig geworden - seit mein Mann mit meinem Sohn tödlich verunglückt bin, gönne ich mir nicht mehr viel Zeit für mich alleine." Marina musste schlucken, als sie von ihrem Mann und Kind sprach. Die Erinnerung an diese tat noch immer ein wenig weh und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie diesen Schmerz und die Trauer auch lange hinter ihrer Arbeit hatte zurücktreten lassen. "Na, ja.. das ist lange her. Hier im "Attardo" habe ich allerdings so manches Vorstellungsgespräch geführt." Ein verschmitztes Lächeln glitt über ihr Gesicht, denn die Bewerber um einen Arbeitsplatz bei ihr, hatten meistens keine Ahnung davon, wie wichtig ihr Auftreten in der Öffentlichkeit für ihre Entscheidung war. Kurz errötete sie, als ihr bewusst wurde, dass sie gewissermaßen gerade wieder eins führte - irgendwie. "Oh -Nein! Nicht dass Sie jetzt denken, ich betrachte unser Gespräch als eines. Das sei ferne. Dafür genieße ich die Zeit mit Ihnen ehrlich gesagt zu sehr.." Heilfroh darüber, dass Richard von Renken so nicht sehen konnte, dass sie rot wurde, wandte sie sich dem Kellner zu, der gerade die gewünschte Bestellung auf den Tisch stellte. "Uno Espresso.. Latte machiato..Tiramisu .. Tartufa.. prego - per favore." Charmant lächelnd nahm er sein leeres Tablett und verließ den Tisch wieder. "Das sieht ja köstlich aus.." Marina kostete von ihrem Tartufo, wobei sie sich scheinbar sehr darauf konzentrieren musste. Beinahe hatte sie mehr von sich und ihren Gefühlen verraten, als ihr lieb war. Immerhin bestand die Möglichkeit, dass ihr Nachbar nicht nur ein Kavalier alter Schule war, sondern eben auch einfach nett - ohne weitere Gedanken oder gar Gefühle.

Marina u. Richard (Kellner mitgeführt)

Richard spürte, wie sehr Marina der Verlust von Mann und Sohn immer noch schmerzte, kannte er das Gefühl doch selbst sehr gut. Mitfühlend legte er seine Hand auf ihre und strich sanft über ihren Handrücken. Eine Geste, ganz ohne Hintergedanken und doch machte sein Herz einen kleinen Satz in seiner Brust. Am liebsten hätte er Marina in seine Arme geschlossen um sie so vor den Unbill des Lebens zu beschützen.
Er schmunzelte, als Marina ihm versicherte ihre Unterhaltung wäre kein Bewerbungsgespräch. Er mußte schon zugeben, dass er sich gerne als Freund bei ihr beworben hätte, als jemand, mit dem sie reden, entspannen und Zeit für sich haben konnte.
Gerade als er etwas erwidern wollte brachte der Kellner den Kaffee und die Süßspeisen.
Richard gab etwas Zucker in seinen Kaffee, rührte ihn mit Hilfe des Strohhalms um und genoß den ersten Schluck.
"Ja sieht sehr lecker aus." Stimmte er Marina zu. Nahm einen Löffel voll Tiramisu, beäugte ihn kurz und sah dann in Marinas Augen. "Haben Sie das schon mal probiert?" Mit dieser Frage hielt er ihr den Löffel entgegen. Man konnte es tatsächlich als keinen Flirtversuch bezeichnen und Richard mußte sich eingestehen, dass ihm die Leichtigkeit des Zusammenseins mit Marina große Freude bereitete.

Richard u. Marina

"Mit soviel Charme serviert noch nicht - nein." Leicht lehnte Marina sich vor, um mit ihrem Mund den Löffel auch erreichen zu können. Dabei konnte sie ihren Blick kaum von den Augen ihres Gegenübers abwenden. In den Augen werde ich mich noch verlieren.. Selten hatte sie ein Gespräch so genossen, wie dieses gerade. Genießerisch schloss sie für einen Moment die Augen, als sie das Tiramisu kostete. Sein zartes Streicheln ihres Handrückens ließ ein Kribbeln entstehen. Möglicherweise war das völlig unangebracht und vermessen, aber Marina dachte durchaus daran, dass ihr Nachbar offenbar mehr als nachbarschaftliche Gefühle ihr Gegenüber hegte. Es wäre ihr vor Janina oder ihren Angestellten ausgesprochen unangenehm, sich bei einem Flirt erwischen lassen zu müssen. Es wird sich bestimmt nicht rumsprechen, oder? .. Wenn Luca nur nicht so viel schwätzen würde.. Im Augenblick war weder der Chef des "Attardos" noch der Kellner in ihrer unmittelbaren Nähe, so dass Marina ihre Hand nicht zurückzog, sondern sie so leicht drehte, das ihr Zeigefinger diese streichelnde Hand erreichen konnte.

Richard u. Marina

Er beobachtete, wie sie geniesserisch das Tiramisu von seinem Löffel aß, versank fast in ihren Augen und verspürte den unbändigen Drang sie zu küssen. Richard lächelte Marina an. "Sie sind eine wundervolle Frau, Marina." Um dem ganzen etwas den ernsthaften Charakter zu nehmen, der Marina vielleicht erschreckt hätte setzte er spitzbübisch hinzu. "Um noch mal auf die Bewerbung zurück zu kommen. Ich würde mich bei Ihnen gerne als guter Freund bewerben, der Ihnen und sich ab und an ein wenig Auszeit verschafft." Etwas angespannt wartete er auf Marinas Reaktion, hoffte, nicht gerade alles zwischen ihnen kaputt gemacht zu haben. Etwas unsicher nahm er mit der freien Hand seinen Kaffee und trank. Er spürte tatsächlich ein nervöses Kribbeln im Bauch.

Marina u. Richard

Marina errötete, ob des ungewohnten Komplimentes. "Sie sind ja vielleicht Einer." Fast hätte sie ihn als Schmeichler, betitelt, aber so hatten sich seine Worten nicht angehört. Nein, er meinte das genau so, wie er es gesagt hat.. "Darüber ist meine Tochter sicherlich anderer Meinung," sinnierte sie. Es ging ihr weniger um ihr Verhältnis zu Janina, denn um ein mehr oder weniger geschickes Ablenkungsmanöver. "Tiramisu - ein Hochgenuss.." Marina steckte ihren Löffel in ihr Tartufo, um Richard von Renken davon kosten, zu lassen, als dieser auf ihre Bemerkung bezüglich der Bewerbungsgespräche zurückkam. Seine Bitte um ihre Freundschaft, auf neudeutsch würde man wohl Anmache dazu sagen, war so charmant, dass sie unversehens dieser Bitter mit einem Lächeln entsprach. "Ja, ja.. die Bewerbungen - unverlangt eingesandt sich doch immer wieder die Besten." Sie zwinkerte ihrem Begleiter fröhlich zu und hielt ihm nun ihren Löffel entgegen. "Einen guten Freund.. lässt man gerne probieren und Teil haben - oder?"

Richard u. Marina

Richard freute sich unbändig über Marinas positive Reaktion und fühlte sich gerade wie ein verliebter Sechzehnjäriger. "Die Jugend kann sich eben nur schwer vorstellen, dass man in unserem Alter auch noch Spaß haben kann. Jürgen würde sicher auch die Augen über uns beide verdrehen. Dabei gibt es nicht schöneres als mit jemandem zu lachen mit dem man sich gut versteht."
Neugierig nahm der Mann das Tartufo in den Mund, hatte er dieses doch noch nie gegessen. Er hielt einen Moment inne, ließ den Geschmack sich auf der Zunge entfalten und genoß ihn. "Mmmh, das schmeckt toll. Ich kannte das vorher nicht. Und dann noch vom Löffel einer so bezaubernden Frau, das nenne ich doppelten Genuß." Richard lächelte Marina so offen an, dass jede Strenge aus seinen Zügen wich. "Haben sie nicht Lust, gleich heute noch zu uns auf den Renkenhof zu kommen. Ich würde Ihnen gerne alles zeigen und vielleicht finden wir gleich das passende Pferd für Sie, was halten Sie davon?"

Marina u. Richard

"Es tut gut, mit Jemandem reden und lachen zu können, nicht wahr? Ich befürchte allerdings, dass sish das für Janina wie einen Verrat an ihrem Vater anfühlt." Unbewusst seufzte Marina, denn sie erinnerte sich an Janinas Worte und Reaktion auf die Widmung Melanies. Sie konnte es nicht verleugnen und auch, wenn es die Dinge nicht gerade vereinfachte: Janina war noch lange nicht über den tödlichen Unfall ihres Vaters und Bruder hinweg. Das wird noch viel Zeit kosten.. Richards Worte hörte sie, ohne diese in Gänze zu verstehen. Sie errötete ein bisschen und beobachtete, wie er von ihrem Löffel kostete. Seine nächsten Worten brachten sie allerdings völlig aus dem Konzept. "Ich also.. na, ja.. also locken würde mich das schon." Marina nahm ihren Löffel wieder ganz an sich und mit dem Essen ihres Tartufos gewann sie nun einen Augenblick Zeit. Ja, sie wollte wieder reiten, aber sie spürte auch die Schmetterlinge im Bauch, die schon bei der Vorstellung nach Jahren mal eben so wieder auf einem Pferd zu sitzen, ganz wild wurden und dann war noch der Lindnerhof mit all seinen kleinen und großen Belangen. "Also.. ich denke schon, dass ich den Lindnerhof am späteren Nachmittag noch für einen Besuch bei Ihnen sich selber überlassen kann. Ist es denn dann für einen Ausritt nicht schon zu dunkel?"
Fragend sah sie Ihr Gegenüber an und hoffte fast, dass er das bestätigte. So als Wiedereinsteigerin war ihr ein gemütlicher Ritt in der sicheren Umfriedung eines Reitplatzes oder gar an eine Longe erst einmal lieber und vor Allem sicherer.
Außerdem könnte ich die Gelegenheit beim Schopfe packen und mit Jürgen sprechen..

Richard u. Marina

"Sicher ist es nicht leicht für Sie und auch für Janina, den Verlust zu verarbeiten, den sie erlitten haben. Lassen Sie ihr Zeit, achten Sie nur darauf, dass sie sich nicht zu sehr in ihrer Traurer vergräbt. Entschuligung, ich klinge wie ein Oberlehrer und sollte mich nicht in Ihre Familie einmischen." Dabei wußte wohl Richard am besten wovon er da gerade sprach. Hatte er sich doch selbst viel zu lange ein glückliches Leben versagt und, was noch viel schlimmer war, das wußte er heute, er hatte seinen Sohn für den Tod seiner Frau verantwortlich gemacht. Heute mußte er viele Anstrengungen auf sich nehmen, damit das Verhältnis zwischen ihm und Jürgen hoffentlich wieder besser wurde. Vielleicht konnten Marina und er sich sogar in der Hinsicht eine Hilfe sein in ihren gemeinsamen Gesprächen. Aber er wollte nicht aufdringlich sein und nichts überstürzen.
"Nein, ausreiten werden wir heute nicht mehr können, aber Sie könnten sich schon mal mit dem einen oder anderen Pferd bekannt machen. Vielleicht ein paar Runden auf dem Reitplatz drehen. Sie sagten ja Sie seien schon länger nicht mehr im Sattel gesessen. Das verlernt man zwar nicht, aber man muß sich wohl wieder ein bisschen gewöhnen. Und wir könnten gleich sehen mit welchem der Tiere Sie am besten klar kommen." Und weil ich gerne mit dir zusammen bin. Setzte Richard in Gedanken noch hinzu.

Richard u. Marina

"Leicht ist das wohl für keinen für uns. Andererseits muss das Leben ja weitergehen, oder?" Fragend sah Marina ihr Gegenüber an. Sie wusste wohl, dass er seine Frau verloren hatte - schon vor langen Jahren - und das reichte aus, um ihm etwas mehr Erfahrung in diesen Dingen, als sie selber hatte, zuzusprechen. Andererseits hatte sie wohl nicht weniger Erfahrungen mit dem Tod Angehöriger gemacht - nur eben andere. Egal.. Janina ist auf jeden Fall noch zu jung, um sich für den Rest ihres Lebens in ihrer Trauer und Wut zu vergraben. In diesem Punkt gab sie Richard von Renken Recht. Sie würde tun, was sie konnte, um zu verhindern, dass Janina sich vergrub. "Also.. wie Oberlehrer wirklich klingen, weiß ich gar nicht so genau.. nicht mehr, jedenfalls." Die dunkelhaarige Frau lächelte ihr Gegenüber ein bisschen verschmitzt an, bevor sie dann in einer vertrauten Geste dessen Hand mit ihrer berührte. "Fall ich Ihre Rede als unangemessene Einmischung empfinden sollte, lasse ich Sie das rechtzeitig wissen, einverstanden? Wie schade wäre es, wenn daran der Beginn einer wunderbaren Freundschaft scheiterte, nicht wahr?" Marina erwartete keine Antwort auf diese Frage, sondern widmete sich dem Rest ihres Tartufos in dem Schälchen vor ihr. Richard bestätigte, dass an einen Ausritt wohl nicht mehr zu denken sei und Marina fand das einerseits sehr schade. Andererseits aber freute sie sich auf die Gelegenheit, in Ruhe wieder mal auf einem Pferd sitzen zu können, ohne Angst vor einem Durchgehen desselbigen in offenem Gelände haben zu müssen. "Also - ich finde, das hört sich phantastisch an - und sicherer ist es sicher auch." Fröhlich grinsend aß Marina ihr Tartufo auf. Nein, nein - sie wollte nicht in die Verlegenheit geraten, Janina oder Leander erklären zu müssen, warum sie statt auf dem Lindnerhof im Krankenhaus übernachtete oder warum sie leider nicht mehr in der Lage war, beim Eindecken zu helfen..

Richard u. Marina

"Ja das Leben muß weitergehen, auch wenn es schwer ist wieder in ein einigermaßen normales Leben zurückzufinden. Ich selbst habe viel zu lange gebraucht. Lassen Sie nicht zu, dass Sie den selben Fehler begehen." Richard hatte sehr leise und eindringlich gesprochen. Als Marina vom Beginn einer wunderbaren Freundschaft sprach, war Richard versucht ihre Hand zu nehmen und diese zu küssen. Er war zugleich erleichtert und enttäuscht als sie sich wieder ihrem Dessert widmete und tat es ihr gleich um seine widerstreitenden Gefühle in den Griff zu bekommen. Er wollte nichts dadurch verderben, dass er zu fordernd wäre. Marinas Fröhlichkeit über den bevorstehenden Besuch und Ritt auf dem Renkenhof erwärmte sein Herz und vertrieb die trüben, verunsichernden Gedanken endgültig. "Ich werde gut auf Sie aufpassen, das verspreche ich. Alledings fürchte ich, dass wir langsam zurück müssen, wenn wir später noch ein wenig Helligkeit erwischen wollen. Wobei ein Nachtritt hat auch etwas für sich." Richard zwinkerte Marina verschmitzt zu.

Marina u. Richard

"Mein Leben geht gerade weiter." Marina lächelte, denn Richard von Renken sah nicht so aus, als ob er gestatten würde, sich zu lange in ihrer Trauer zu vergraben. Sie hatte ihren Mann verloren und Jan, ihren Sohn und es war für sie nahezu unmöglich, zu entscheiden, welcher Verlust sie schwerer traf. Ulrichs Verlust tat nicht mehr weh und sie fühlte sich allmählich wieder frei, Freundschaften zu pflegen und Gefühle von Liebe zu einem Mann zuzulassen, aber der Verlust Jans schmerzte noch wie am ersten Tag. Nichts und Niemand wird mir je den Sohn ersetzen können - er ist doch mein Kind.. Für einen kurzen Augenblick sah sie das Gesichtchen ihres gerade geborenen Sohnes vor sich, das abgelöst von dem lachenden Jungen mit Schultüte in der Hand und dann, Jahre später die bestandene Fahrprüfung - als wäre das Alles gestern erst gewesen. "Man muss ja auch lernen, loszulassen, nicht wahr? Nur - nie so ganz. Lassen Sie nicht zu, dass Sie und Jürgen sich voneinander ganz entfremden.. Wir haben unsere Kinder nur so kurze Zeit.." Errötend biss sich Marina auf die Unterlippe. Das ging Sie doch gar nichts an, wie Richard mit Jürgen.. Also wirklich, wie konnte sie nur?! Dass Janina geschockt reagiert hatte, darüber dass Melanie ihr Buch ihrer Mutter nebst Ulrich und Jan gewidmet hatte und nach all den Jahren immer noch Gefühle für Jürgen zu haben schien, bewegte sie zwar, war hier aber auch keine Entschuldigung für so einen ungebetenen Rat. "Entschuldigung - auch ich sollte mich nicht einmischen. Es ist Ihr Leben."
Am Liebsten wäre sie nun aufgestanden und davon gelaufen, so peinlich war ihr diese Angelegenheit. Sie war daher ganz froh, dass Richard bemerkte, man werde aufbrechen müssen, um nicht doch noch in die Dunkelheit zu geraten.

"Na, denn - kann ja nichts passieren." Kurz sah Marina von ihrem Tartufo wieder auf und lächelte. Zu ihrem eigenen Erstaunen fühlte sie sich in Richards Nähe völlig sicher und geborgen. Hoffentlich hatte sie mit ihrer unbedachten Äußerung nicht Alles sofort wieder in den Anfängen zerstört. "Ja , ich denke, ich muss noch mal zum Lindnerhof. Zumindest sollte Leander informiert sein, dass ich heute Abend nicht im Hause bin." Marina schob ihr Schälchen von sich weg, um anzudeuten, dass sie fertig sei. "Ich muss auch nicht mit zu "Elektrogeräte Fischer"- ich bin ohnehin zu Fuß bzw. mit Bus und Bahn unterwegs."

Richard u. Marina (Kellner mitgeführt)

"Meines scheint endlich auch wieder weiter zu gehen. Danke dafür, Marina. Loslassen darf und muß man, aber vergessen wird man seine Lieben nie und das ist gut so. Ich hab schon viel zu lange zugelassen, dass Jürgen und ich uns entfremdet haben. Und eines kann ich Ihnen sagen, es ist gerade ein sehr harter Kampf das Verhältnis zu Jürgen neu aufzubauen. Ich bin froh um jeden Rat, den sie mir geben können, ganz ehrlich." Er lächelte sie offen und ehrlich an.
"Ich hätte Sie auch zum Lindnerhof mitnehmen können, aber Sie sind mit dem Bus wahrscheinlich schneller und müssen dann nicht mehr mit mir zurück zum Einkaufszentrum laufen."
Richard winkte dem Kellner, damit dieser im die Rechnung brachte. Er beglich diese, gab ein angemessenes Trinkgeld und erhob sich dann um Marina in ihre Jacke zu helfen.
"Ich möchte mich sehr herzlich für den schönen Nachmittag bedanken und freue mich, wenn wir uns nachher auf dem Renkenhof wieder sehen." Raunte er dicht an ihrem Ohr, als er ihr die Jacke hin hielt, damit sie hinein schlüpfen konnte.